"Denn wohin soll ich mich wenden, wenn der mächtige Schlaf kommt, und wo soll ich Obdach suchen, wenn er sie aus ihrem Zelt treibt. ... Ich will euer Herz zur Freiheit aufrichten wider alle Sklaven der Vernunft! Die Glühenden will ich annehmen, und die Entsagenden will ich verschmähen! Ich will den Liebenden Recht geben im Antlitz der Vernichtung: ich will sie auf den Thron des ewigen Lebens setzen!" ("Hymnen an die Kirche", Gertrud von le Fort)
Bitte nehmen Sie Platz!
So wird man gerne begrüßt. Da fühlt man sich willkommen geheißen. Ein Platz, der für uns vorbereitet ist; ein Platz, der für uns freigehalten wird. Da fühlt man sich nicht nur freundlich aufgenommen, sondern man ist es auch. Wer möchte das nicht? Gerade in der Fremde. Wenn wir irgendwo unterwegs sind, wo wir uns fremd fühlen, wo wir fremd sind. Und dann einen Platz angeboten zu bekommen, der uns ausruhen lässt, der uns ankommen lässt.

Genau um dieses schöne Gefühl geht es bei dem Kunstwerk, das nun vor unserem Pfarramt in Westerburg steht. Der religiöse Performance-Künstler Otto Leibl (1947-2009) hat es entworfen. Einen besonderen Platz: einen Thron. Einen "Christusthron". So hat er ihn betitelt.
Aber der Platz ist frei, bewusst freigehalten. Dort oben thront kein Christkönig. Dort oben ist ein Platz freigehalten. Für Leibl ist es wichtig, dass dieser Thron fest mit seinen Füßen auf dem Boden steht und so den Blick nach oben, ganz nach oben lenkt. Dort oben in der "anderen Welt" ist ein Platz für uns freigehalten.
Durch die Taufe haben alle Christen Anteil am Priester-, Propheten- und Königsamt Jesu Christi. Wir dürfen diesen Platz einnehmen. Dieser Thron ist ein Platzhalter mitten in dieser Welt für die andere Welt. Das Reich Gottes, der Thron Christi steht mitten in unserer - in deiner Welt. Das Reich Gottes ist schon mitten unter uns und doch lenkt es unseren Blick immer wieder nach oben. Zur Vollendung. Dort, wo Jesus selbst für uns einen Platz bereithält.
Dieses Vertrauen und Zutrauen, das den Künstler geleitet hat, wünsche ich Ihnen allen - mitten in dieser Welt.
Pfarrer Peter Hofacker (15.6.2016)
Hier ein Nachruf zum Leben und Werk des Künstlers und eine Presssemeldung zum Tod von Otto Leibl.